Es gibt eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Probleme, mit denen sich Channel-Organisationen herumschlagen. In der Auflistung in der Box weiter unten sind die Probleme zu finden, denen ich seit über 20 Jahren immer wieder begegne. Manche Channel-Organisationen und deren Führungskräfte haben sich schon so sehr daran geöhnt, dass sie die Probleme als Gott gegeben ansehen. „So ist es halt im Channel“ – hört man immer wieder.
Betrachtet man das Channel Business aber mit anderen Augen und aus einer anderen Position heraus (die des selbständigen Channel-Experten beispielsweise), stellt sich ziemlich schnell heraus, dass fast alle dieser „Tagesprobleme“ in Wahrheit auf einige, wenige Kernprobleme zurück zu führen sind (siehe Graphik)
Umfeldprobleme
Wir befinden uns in Zeiten von Mulikrisen und Ungewissheit. Das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Es wird zum New Normal. Alle Entscheidungen und Handlungen müssen dies berücksichtigen.
Analysiert man das Channel Business ansich auf strategischer Ebene, wird man feststellen, dass (fast) alle Hersteller das Partner Business in den wesentlichen Aspekten auf nahezu identische Art und Weise betreiben. Und das schon lange! Man spricht dabei von einer „Herding-Strategie“, die die Hersteller verfolgen. Hauptursachen: Mangel an Kreativität und Angst, andere Wege zu beschreiten als der Wettbewerb. Die Wahrheit lautet aber: „Herding“ bietet zwar Schutz in der Masse („Herde“), ist aber auch der Hauptgrund für eine unglaubliche, stille Wertevernichtung durch sinnloses Wettrüsten.
Diese Probleme sind unvermeidbar und nicht „auszusitzen“.
Ergebnisprobleme
Führungskräfte, beginnend bei den Executives, befinden sich in der Regel in einem Zielsystem-Dilemma: sie denken, dass es zwischen Zielen ganz oder teilweise ganz natürliche, unauflösbare Zielkonflikte gibt. Man muss sich also für das eine oder das andere entscheiden.
Die Wahrheit ist aber, dass sich diese Dilemmata mit dem richtigen Ansatz und den richtigen Maßnahmen in Luft auflösen: Die Praxis zeigt, dass Unternehmen im Channel drastische Kostensenkungen durchführen können und gleichzeitig, mit denselben Maßnahmen, das Wachstum steigern, Risiken reduzieren, Wettbewerbsvorteil erringen und an Geschwindigkeit/Flexibilität gewinnen können. Nachhaltig und auch auf Dauer.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich in allen Channel-Organisationen ein Regime Systematischer Verschwendung von Ressourcen und Chancen breit gemacht hat. Dies unbemerkt und mit Billigung (vielleicht sogar mit unbeabsichtigter Förderung) seitens der Executives. Die Ursachen sind vielschichtig, aber bekannt – und damit behebbar.
Der beste Weg, um die oben beschriebenen Ziele gleichzeitig zu erreichen, ist die sofortige systematische Bekämpfung der Verschwendung. Die dazu notwendigen Mittel sind bekannt und vielfach praxiserprobt. Die beliebten „kosmetische“ Maßnahmen machen, wenn überhaupt, wenig und nur kurzfristig Sinn!
Wenn diese Probleme nicht gelöst werden, entsteht Tag für Tag zusätzlicher, konkreter und monetärer Schaden für das Unternehmen und die persönliche Angreifbarkeit der Führungskräfte steigt.
Führungsprobleme
Alle Probleme sind im Prinzip Führungsprobleme, denn erst die Führung hat sie geschaffen und nur die Führung kann sie lösen – natürlich bis auf Krisen und Ungewissheit. An dieser Stelle will ich aber auf ein ganz spezielles Problem aufmerksam machen: die Notwendigkeit und Fähigkeit zur Intervention durch CEO und CFO.
Nur durch direkte, inhaltlich-konzeptionelle Intervention seitens CEO und CFO können das Zielsystem-Dilemma gelöst und das Regime Systematischer Verschwendung beendet werden. Niemand sonst in der Organisation ist dazu in der Lage. Alle Anderen KÖNNEN nicht (bspw. Mangel an Know-how, echten Alternativen, Zuständigkeiten, Macht) oder WOLLEN nicht (bspw. weil sie selbst die „Täter“, Verursacher sind oder weil sie die „Verlierer“ bei größeren Veränderungen wären).
Ohne direkte inhaltlich-konzeptionelle Intervention in das Channel Business des Unternehmens können keine der anderen Probleme gelöst werden. Damit tragen CEO und CFO eine besondere Verantwortung und Last, die möglicherweise von Aufsichtsräten, Investoren, Inhabern oder Mitarbeitern am Tag X thematisiert wird.
Weitere Probleme/Ursachen
Die weiteren in der Graphik aufgeführten Probleme sprechen für sich selbst. Dennoch möchte ich auf 2 Probleme aufmerksam machen:
- „falsche Gewissheiten“: in fast allen Fällen meiner langjährigen Praxis wussten die Entscheider nichts oder nur wenig über die Wahrheit des Channel Business bzw. ihrer eigenen Channel-Organisation. Was fatal für Entscheidungen und Festlegung von Maßnahmen ist. Besonders in Zeiten von Krisen und Ungewissheit.
- „Fehleinschätzung Selbstheilungskräfte“: es gelingt einer Organisation nur ganz selten, Probleme, wie sie oben beschrieben wurden, zu erkennen und die zur deren nachhaltigen Lösung notwendigen Veränderungen selbst vorzunehmen. Auch hier geht es um KÖNNEN und WOLLEN und …
Einige der häufigsten Herausforderungen im heutigen Channel-Business:
| Partner zeigen zu wenig Eigendynamik und investieren zu wenig (weniger, als sie könnten) | Entscheidungsprozesse dauern zu lange und die Ergebnisse sind nahezu unvorhersehbar | kaum aktiver, direkter und effektiver Einfluss auf den Entscheidungsprozess der Partner | Vereinbarungen werden durch die Partner nicht konsequent umgesetzt | Fachkräftemangel | Partner sind schwer zugänglich oder reagieren sofort ablehnend | Partner zeigen wenig onboarding-Engagement | das Business mit dem Hersteller wird nicht systematisch aufgebaut | Partner wollen eine Partnerschaft, zeigen aber später wenig Engagement | Performance der Mitarbeiter ist nicht hoch genug (bspw. im Recruitment) | Mitarbeiter beschäftigen sich zu viel mit Betreuung der Partner anstatt mit deren gezielter Steuerung | Partner Manager haben keinen Zugang zu den Top-Entscheidern und agieren dort nicht auf Augenhöhe | Technologie/Produkte erweisen sich nicht als das Killer-Argument bei Partnern | Gespräche mit den Top-Managern der Partner drehen sich zu sehr um Functions & Features (durch Hersteller so gewollt) | Zielvereinbarungen werden nicht erfüllt oder nur mit Mühe und mit großer Ungewissheit erreicht | Marketing-Ausgaben steigen ohne adäquate operative bzw. konkrete Mehrergebnissen | Partner setzen Business-Pläne nicht konsequent/zuverlässig um | viele Partner erweisen sich als nicht performant, obwohl sie eigentlich Partner werden wollten | das Partnerportfolio ist zu klein oder zu wenig leistungsfähig | Prozesse sind nicht hinreichend definiert und nicht effektiv genug |