Channel-Business neu gedacht. Eine Übung für Mutige.
Von Michael Nowarra
Dieser Beitrag richtet sich an CEOs, CSOs und COOs, die bereit sind, das Channel-Business allgemein einmal radikal anders zu denken und im Lichte der Ergebnisse das eigene Channel-Business auf den Prüfstein zu legen.
Etwas Mut gehört dazu, denn es wäre keine Überraschung, wenn man zu dem Ergebnis gelangt, dass tagtäglich unnötigerweise Chancen und Ressourcen verschwendet werden. Natürlich lasse ich Sie nicht allein mit dieser Erkenntnis, sondern skizziere einen einfachen und praxiserprobten Ausweg.
Die Relevanz der Übung
Die folgenden Überlegungen basieren auf zig Channel-Projekten für unterschiedlichste Hersteller und Hunderten von Gesprächen und Meetings mit den Top-Entscheidern von Partnerunternehmen.
Wir alle kennen die große Herausforderung des Channel-Business: nachhaltige Steigerung der Umsätze und der Erträge des Channels trotz schwieriger Zeiten und begrenzter Ressourcen. Blickt man etwas tiefer, sind Hersteller immer wieder mit denselben Herausforderungen des Partner Recruitment, des Managements bestehender Partner und des Managements der Partnerorganisation konfrontiert.
Was, wenn es eine einfache, schnell aber nachhaltig wirkende Lösung für diese Probleme gäbe? Eine Lösung,
- die schnelle und verlässliche Entscheidungen seitens der Partner gewährleistet,
- die mehr positive Entscheidungen garantiert, als man aus der Vergangenheit gewohnt ist,
- die Partner garantiert, die ein beträchtliches Umsatzpotenzial haben und die schnell und massiv in eine Partnerschaft investieren,
- mit der mehr und vor allen Dingen bessere Partner gewonnen werden,
- mit der echte Wettbewerbsvorteile aufgebaut und Partner gegenüber anderen Herstellern „immunisiert“ werden und
- deren Implementierung nichts kostet, sondern im Gegenteil, Ressourcen spart.
Um es vorwegzunehmen: Es gibt sie und sie hängt mit der wahren Natur des Channel Business und ob man sie verstanden hat, zusammen.
The Name of the Game
Im Sport kommt es nicht darauf an, wie schön, elegant oder leidenschaftlich man gespielt hat, sondern nur darauf, dass man mehr Tore schießt, Sätze gewinnt, Punkte holt.
Genauso einfach und radikal geht es im Channel Business zu: Je mehr ein Partner in eine Partnerschaft investiert, desto mehr Momentum wird er entfalten und das bedeutet mehr Kunden, mehr Projekte, mehr Umsatz, mehr Wachstum.
Es gewinnt, wer so viel Ressourcen des Partners wie möglich (oder wie für ein bestimmtes Umsatzziel notwendig) bekommt! Für den Hersteller geht es also darum, diese Investitionsentscheidungen der Partner aktiv und zu seinen eigenen Gunsten zu beeinflussen.
Dabei gelten einige wichtige „Spielregeln“:
- Diese Entscheidungen basieren auf den Regeln des Nullsummenspiels.
- Die Investitionen sind nicht zu unterschätzen.
- Diese Entscheidungen werden letztlich immer auf oberster Ebene getroffen: Vorstand, Geschäftsleitung, Bereichsleitung.
- Das Muster, nach denen diese Entscheidungen getroffen werden, ist in 95 von 100 Fällen ähnlich bis identisch.
- Je besser die „Entscheidungsvorlage“ für die Partner ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer positiven Entscheidung.
- Technologie/Produkte sind aus Sicht des Partners nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung das Tätigen von Investitionen.
Performance oder Verschwendung
Die Nagelprobe
Wenn die wahre Natur des Channel-Business die gezielte Beeinflussung von Investitionsentscheidungen ist, stellt sich natürlich sofort die Frage: Wie geeignet ist jede einzelne Maßnahme, die ein Hersteller in Richtung Partner ergreift, um diese Entscheidung direkt und positiv zu beeinflussen?
Einige Beispiele, die die Berechtigung dieser Frage verdeutlichen:
- C-Level-Excellence der Partner Manager
Im Rahmen meiner Trainings und Coachings stelle ich den Teilnehmern gerne eine kleine Aufgabe: Sie sollen mich (in der Rolle des CEO eines Partners) davon überzeugen, €500.000 in die Partnerschaft mit ihrem Unternehmen zu investieren, zumindest mich sorgfältig damit zu beschäftigen. Dabei kommt es weder auf den Betrag an (obwohl er durchaus realistisch ist), noch auf irgendwelche Details, sondern allein auf die Art, wie sie argumentieren.
Je mehr Begriffe, wie Umsatzvolumen, RoI, Break-Even-Zeitraum, strategischer Fit, Erfolgsdimensionen, Investitionsvolumen und -bereiche, Faktor Zeit oder Risikoabwägung fehlen, desto geringer ihre C-Level-Tauglichkeit.
- „Lost-in-Translation“-Phänomen
Zu Beginn eines jeden Channel-Projektes lasse ich mir alle Dokumente, die ein Partner erhält, zusammenstellen. Das können Dutzende von Studien bis zu 100 Slides sein.
Das Problem: Kein Entscheidungsträger wird sich da durchkämpfen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Und sollte er es dennoch tun, besteht immer das Risiko, dass die daraus gezogenen Schlussfolgerungen falsch sind. Die Wahrscheinlichkeit einer negativen Entscheidung steigt dramatisch.
- Margen und Incentives
Viele Hersteller locken ihre Partner immer noch mit 1, 2 oder 3 Prozent mehr Marge. Der sich daraus ergebende Betrag hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Entscheidung des CEO: Der Break-Even wird dann möglicherweise am Dienstag und nicht am Mittwoch derselben Woche erreicht. Margengeschenke sind eher etwas für den Einkauf.
- Promis bei Partner-Events
Ich kann die Gründe nachempfinden, warum man seinen Partnern Promis wie die „Huber-Buam“ präsentiert. Deren Auftritte haben aber keinerlei Einfluss auf die Investitionsentscheidungen. Mit deren Honorar (die liegen üblicherweise zwischen €5.000 und €15.000) kann man aber ein ganzes Team auf C-Level-Excellence bringen.
Es gibt noch viele solcher Beispiele.
Neu gedacht
Zum Abschluss noch einige Worte zur Verbesserung der Situation:
Es lohnt sich, einige Gepflogenheiten des Channel-Business zu überdenken und die Schwerpunkte mehr oder weniger deutlich zu verschieben. Die wichtigsten (weil am weitesten verbreitet und mit der größter Wirkung) sind:
- Technologie-Partnerschaft hin zu Business-Partnerschaft
- Effizient-Orientierung hin zu Effektivität
- Partner Manager hin zu Partner Business Consultant (auf C-Level)
- Marketing-Collateral hin zu Entscheidungsvorlage
- Prozess-Automatisierung hin zu People Business
- Umsatz-Fokus hin zu Investitions-Fokus
Die größte Herausforderung dabei ist die neue Perspektive. Die Umsetzung selbst ist „simply mechanics“.
Über den Autor
Mit seiner über 20-jährigen Erfahrung als Consultant, Business Coach, Program- oder Shadow-Manager für Vorstände/Geschäftsführer und Channel-Verantwortliche mittelständischer Software-Hersteller ist der Autor ein ausgewiesener Kenner des Channel Business auf strategisch-konzeptioneller und operativer Ebene.
Seine Arbeitsschwerpunkte sind Themen, die entscheidend für den Channel-Erfolg sind, im Tagesgeschäft von Führungskräften oftmals zu kurz kommen.
Vor allem aber beschäftigt sich der Autor mit den Möglichkeiten, durch gezieltes und pragmatisches Game Changing neue Maßstäbe bei Wachstum, Performance, Management und Leadership zu setzen.
Sie können ihn unter michael@alliance-bliss.com erreichen.