Praktische Erfahrungen und Erlebnisse

Kürzlich war ich zu einem Vortrag eingeladen. Thema des Vortrags: Die praktischen Erfahrungen eines kleineren deutschen Software-Herstellers bei der Umstellung vom Lizenzgeschäft auf SaaS.

Der Referent: Matthias Kunisch (Geschäftsführer). Das Unternehmen: forcont business technology gmbh (www.forcont.de)

Ich möchte nicht versäumen, healing Herrn Kunisch für seinen informativen und inspirierenden Vortrag, vor allem aber für seine Zustimmung, aus diesem Abend berichten zu dürfen, ganz herzlich zu danken! Besonders wohltuend war, dass dieser Abend ganz den Erfahrungen und Erlebnissen gewidmet war und nicht den „strategischen“ Analysen und Schlussfolgerungen. Wir Zuhörer bekamen eine Menge real-life Informationen und waren eingeladen, unsere eigenen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass forcont ein etabliertes Software-Unternehmen ist und kein Start-up.

Hier sind einige der Erfahrungen, Erlebnisse und meine ganz persönlichen Schlussfolgerungen:

Ein bisschen SaaS geht nicht

Fazit des Abends: wenn man sich als ISV für den Einstieg in dieses Geschäftsmodell entscheidet, muss man es mit allen Konsequenzen betreiben – oder es lassen. SaaS zieht sich eben durch das gesamte Unternehmen.

Einige der wichtigsten Erfahrungen im Einzelnen:

  • Produkt: kaufmännische, organisatorische und technische Sachzwänge führen dazu, dass die Produktlandschaft immer standardisierter und homogener wird.
  • Vertrieb: der „neue“ Vertrieb vertreibt jetzt Produkte von der Stange (nur einige Parametrisierungen sind erlaubt/erwünscht). Das wiederum bedeutet, dass der Vertriebsmitarbeiter über ganz andere Skills verfügen muss als bislang im Lösungsvertrieb.
    -> Vorsicht Downgrade: das Selbstverständnis der Betroffenen kann jetzt ganz schön leiden!
  • Marketing: Der Großteil der Neukundengewinnung wird bei Umstellung auf SaaS über die Website abgewickelt. Themen wie Usability, Conversion Rates, Social Media Marketing, optimale Trial- und Test-Prozeduren oder SEO werden die zukünftigen Erfolgsfaktoren.
    -> Das ist ein Aufgabengebiet für absolute Spezialisten. Man prüfe genau, ob man das der eigenen Marketing-Abteilung überlässt!
  • Service: Wenn die Produktlandschaft immer homogener wird, bleibt als USP nur noch der Service. Dieser Service hat aber nichts mit Implementierungsdienstleistungen zu tun, sondern im wahrsten Sinne mit Dienst am (End-)Kunden. Es geht um Alles was dazu beiträgt, den Kunden länger und enger an das Haus zu binden.
    -> Damit ist Jeder (!!) im Unternehmen Vertrieb! Die Mentalität muss unbedingt in die Köpfe eines jeden Einzelnen. Ein „wird vom Support-Vertrag nicht abgedeckt“ oder „ist ja nicht unser Produkt“ gehört der Vergangenheit an.

Ein Service der besonderen Art: „Anti-Customer-Lock-in“

Verknüpfen wir einmal einige Gedanken und sehen, was dabei herauskommt:

  1. Dienst am Kunden macht zukünftig den Unterschied;
  2. Kundenbindung als strategisches Ziel;
  3. Die Ängste des Kunden, seine Daten außer Haus zu geben – und später nicht wieder zurück zu bekommen: Customer Lock-in;
  4. Der Channel als Vertriebs- und Servicepartner;
  5. Die strategische Ausrichtung des Produktportfolios eines Partners.

Heute haben wir es überwiegend mit Partnern zu tun, die – aus nachvollziehbaren Gründen – ein komplementäres Produktportfolio anbieten. Wird es im SaaS-Ecosystem mehr oder sogar überwiegend Partner geben, die ein Wettbewerbsportfolio fahren? Also spezialisiert sind auf das Thema CRM und dabei verschiedene CRM-SaaS-Produkte anbieten?

Eine entsprechende Value Proposition scheint mir überzeugend: Lieber Kunde, wir garantieren Dir Flexibilität und Unabhängigkeit. Ob CRM-„A“ oder CRM-„B“ – wir sorgen dafür, dass Du notfalls über Nacht migrieren kannst und anderntags mit dem neuen Produkt wieder loslegen kannst! Eben Anti-Customer-Lock-in!

Kundenbindung durch Loslassen

Und aus Sicht des ISVs? Konsequent zu Ende gedacht hieße das, dass der Hersteller weniger auf lange Vertragsdauer setzt, sondern bewusst auf ein erstklassiges Exit. CRM-„A“ bietet nicht nur ein Datenbank-Dump an, wenn der Kunden geht, sondern ein Datenaufbereitung im Format CRM-„B“.

Es sieht auf den ersten Blick paradox aus. Aber SaaS ist neu, Neues verursacht Ängste und Ängste bestimmen Entscheidungen. Also nehmen wir uns die Ängste vor: Wir lassen los!

Geneigte Leserin, geneigter Leser, ich bin gespannt auf Ihre Meinung!

Bleiben Sie mir treu und empfehlen Sie mich weiter.

Beste Grüße,
Michael Nowarra