Krisen und Unsicherheit machen Manager angreifbar – aber anders, als sie denken

von Michael Nowarra




Sie machen sich als Führungskraft persönlich angreifbar, wenn Sie Gefahren nicht erkennen oder methodisch falsch bewerten. Das gilt besonders in Zeiten von Krisen und Verunsicherung. Im Zentrum steht – nicht überraschend – der Wettbewerb. Bei der Bewertung werden quer durch die Branche typische und gefährliche Denkfehler gemacht.

Um es vorwegzunehmen: auch der neue Springbrunnen in der Auffahrt ist Ihr Wettbewerb!

Lesen Sie in diesem Beitrag, welche Denkfehler gemacht werden, welche Auswirkungen sie haben, warum es Sie angreifbar seitens Investoren, Anwälte, Aufsichtsräte, Peers, Eigentümer oder Mitarbeiter macht und was Sie einfach durch Umdenken vorbeugend tun können. Zum Abschluss gebe ich Ihnen noch einen Tipp für eine praxiserprobte, genial einfache, erste „Gegenmaßnahme“ mit Erfolgsgarantie.




Kürzlich ist mir ein Dokument einer renommierten Wirtschaftskanzlei in die Hände gefallen, das man durchaus als „Checkliste für die Kündigung von Führungskräften“ bezeichnen könnte. Es gibt viele Gründe für eine Kündigung (am beliebtesten wohl Spesenvergehen). Aber ein Grund fiel mir besonders auf, weil er symptomatisch für das Channel Business ist: die methodisch falsche Identifikation und Bewertung von Risikofaktoren bzw. Gefahren.

Kurz: der Umgang mit dem Wettbewerb.

 

Umsätze der Partner brechen plötzlich weg oder: „Wie konnten Sie nur!“

Stellen Sie sich vor, dass auf einmal die Umsätze Ihrer Partner auf breiter Front einbrechen. Diese Vorstellung ist gar nicht so fiktiv, wie Sie vielleicht denken. Angesichts zunehmender und intensiverer politischer und wirtschaftlicher Krisen und einer Unsicherheit der Ebene 4 (McKinsey hat Unsicherheit in 4 Ebenen eingeteilt. Ebene 4 ist der höchste Grad. Auf diese Ebene gehören die Finanzkrise von 2008 und der Zusammenbruch der früheren Sowjetunion. Typisch dabei ist, dass es noch nicht einmal eine einigermaßen realistische Bandbreite möglicher zukünftiger Zustände der Welt/Gesellschaft/Wirtschaft gibt: „A number of dimensions of uncertainty interact to create an environment that is virtually impossible to predict at level four“) ist es absolut vorstellbar, dass viele Partner ihre Strategie ändern, sich auf andere Technologien oder Märkte fokussieren und ihre Ressourcen umschichten. Das hat direkte Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Umsätze der Partner – und damit auch auf die Umsätze der entsprechenden Hersteller.

Einige Hersteller der Partner gehören dann zu den Gewinnern, andere zu den Verlierern.

Bei den Verlierern wird dann höchstwahrscheinlich von Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Aufsichtsräten, Investoren, Eigentümer – und mglw. Anwälten – die Frage aller Fragen gestellt. Sie lautet in etwa so: „Warum haben Sie das nicht berücksichtig?“ oder „Wie konnten Sie das übersehen?“ oder „Das hätten Sie doch erkennen müssen!“

Weit verbreitet und dennoch falsch gedacht: Wer ist Wettbewerb?

Die Frage ist ganz einfach: wer ist eigentlich der Wettbewerb? Diese Frage habe ich in über 100 Projekten immer wieder den CEOs, COOs, CSO, CTOs und Channel Chiefs genauso gestellt und immer wieder genauso falsch beantwortet bekommen.

Machen wir eine kleine Übung: Nehmen Sie sich 5 oder 10 Minuten Zeit, einen Stift und ein Blatt Papier. Dann schreiben Sie auf, wer aus heutiger Sicht Ihre Wettbewerber sind.

Sind Sie fertig mit der Liste? Dann will ich einmal versuchen zu erraten, was auf Ihrem Blatt steht:

  • Nichts: Sie haben eigentlich keinen echten Wettbewerb für Ihr Produkt, mit diesen oder jenen Features, in diesem speziellen Marktsegment und zu diesem Preis. Je mehr Kriterien Sie übrigens verwenden, desto weniger Wettbewerber haben Sie. Glauben Sie zumindest.
  • Einige Software-Hersteller: diese Hersteller haben vergleichbare Produkte und bewegen sich in demselben Marktsegment wie Ihr Unternehmen. Es gibt leichte Unterschiede in den Funktionalitäten, die sich aber „wegargumentieren“ lassen.

Mit diesem Verständnis von Wettbewerb könnten Sie sich eigentlich ziemlich sicher fühlen, denn Ihre Partner haben wohl nur ganz selten Ihre Wettbewerber auch an Bord. Wären da nicht drei Denkfehler. Denkfehler, weil nicht im Einklang mit dem wahren Wesen des Channel Business.

  • Denkfehler #1: Wettbewerb wird aus der Sicht des Herstellers definiert.
  • Denkfehler #2: Wettbewerb wird für den Markt definiert.
  • Denkfehler #3: Wettbewerb wird technologisch bzw. für ein Produkt definiert.

Umdenken – aber bitte genial einfach!

Ein grundsätzliches Umdenken – zumindest in einem grundlegenden Aspekt des Channel Business – ist erforderlich. Auf der Basis des Wahren Wesens des Channel Business und seiner wenigen Grundregeln ergibt sich eine andere Definition von Wettbewerb:

  • Richtig ist: Der Partner hat die Macht und damit entscheidet er, wer/was Wettbewerb ist.
  • Richtig ist: Der Wettbewerb findet nicht im Markt statt, sondern beim Partner.
  • Richtig ist: Dem Partner geht es primär um das Business. Technologie/Produkt sind zweitrangig, sie sind notwendige, aber nicht hinreichende Parameter für seine Entscheidungen und Handlungen (siehe Beitrag POSITIONIERUNG: EINE FRAGE DER MACHT – UND GRÖSSTE URSACHE FÜR VERSCHWENDUNG auf meiner Website).

Der entscheidende Punkt ist: Es geht im Channel Business nur darum, so viel wie möglich von den besten Ressourcen des Partners für sich zu gewinnen: Mindshare des Managements, Vertrauen, Zugang zu Kunden, Mitarbeiter, Geld. Denn ohne diese Ressourcen des Partners wird eine Partnerschaft niemals erfolgreich werden. Je mehr Ressourcen, desto besser das Business für beide.

Unglücklicherweise ist der Kampf um die Ressourcen des Partners immer ein Nullsummenspiel, denn die Ressourcen sind nun einmal begrenzt. Sie erinnern sich? „Einige Hersteller der Partner gehören dann zu den Gewinnern, andere zu den Verlierern“.

ALLES ist Wettbewerb! – oder: „Oh Gott, wir konkurrieren mit einem Brunnen!“

Wenn es also darum geht, so viel wie möglich von den Ressourcen des Partners für das eigene Unternehmen zu bekommen, dann ist ALLES, was diese Ressourcen in Anspruch nimmt, Wettbewerb – auch das Lieblingsprojekt „neuer Brunnen in der Einfahrt“ des CEO des Partners. Denn er wird wahrscheinlich nicht wenige Stunden Mindshare und einiges an Geld investieren!

Im Laufe von über 20 Jahren Channel-Arbeit als Berater und in Tausenden Stunden intensiver C-Level-Arbeit bei Partnern und Herstellern konnte ich bestimmte, fast schon universell zu nennende Muster identifizieren. Sie machen den Umgang mit dem „neuen Wettbewerb“ effektiver und effizienter:

  • Alle Entscheidungen werden letztlich auf C-Level des Partners getroffen.
  • Investitionsentscheidungen (also die Umschichtung von Ressourcen zu oder weg von Ihnen) werden fast immer nach zwei Kriterienkomplexen getroffen: finanziell lukrativ (Umsatz, Profit, RoI und Break-even) und kommerziell attraktiv (strategischer Fit, Erfolge, Risiken, Investitionen und Zeitbedarf).
  • Alle lügen, nur die Zahlen nicht: in meinen Projekten habe ich immer ein selbstentwickeltes, integriertes und detailliertes Simulations-Tool „G+V einer Partnerschaft“ in den Gesprächen mit den Top-Entscheidern eingesetzt.
  • Je mehr Wettbewerber (andere Software, Hardware oder Dienstleistungen), desto größer die Bedrohung/das Risiko, Ressourcen zu verlieren – aber auch die Chance, Ressourcen von anderen abzuzweigen.
  • Eine strategische Position beim Partner ist immer sicherer als eine taktisch-operative. Nur kann man sie nicht ausschließlich am Umsatzanteil festmachen. Strategisch ist auch der unverzichtbare (aber kleine) Bestandteil einer wichtigen Lösungsarchitektur, der erfolgreiche Door-opener, das einfach zu vermarktende Upselling-Produkt, das Kernelement eines bedeutenden Dienstleistungs-Produktes (bspw. API-as-a-Service),.

Die Chancen liegen auf der Straße!

Die Neudefinition des Wettbewerbs bietet nicht nur Nachteile (der einzige, den ich kenne ist eine gewisse Umgewöhnung bei liebgewonnenen Denkmustern), sondern wichtige Vorteile.

Der Hersteller, der die Allokation der Ressourcen des Partners am besten beeinflussen kann, wird höchst effektiv und effizient mit seinen Maßnahmen sein. Das heißt, er kann

  • schnell, nachhaltig und auf Dauer Kosten signifikant senken,
  • gleichzeitig Wachstum stimulieren und
  • echte Wettbewerbsvorteile generieren (Sie erinnern sich: Nullsummenspiel – der eine gewinnt – der andere verliert).

Wie genau das funktioniert soll hier nicht beschrieben werden. Dazu finden Sie bei mir auf der Website oder auf meinem Linkedin-Profil mehr Informationen. Sie können mich natürlich auch gerne kontaktieren.

Gegenmaßnahmen mit Erfolgsgarantie

Trotz aller Dringlichkeit – die Krisen werden nicht weniger, sondern mehr und intensiver, die Verunsicherung über unsere Zukunft nimmt zu, das Regime Systematischer Verschwendung im Channel Business lebt immer noch und feiert unverfroren Höchststände – ist überschnelles Handeln nicht angeraten.

Was ich Führungskräften auf C-Level, 2. Ebene und den Channel-Chiefs immer rate ist sich mit dem dahinterliegenden Konzept vertraut zu machen (etwas Theorie) und ihr bestehendes Partner-Portfolio unter dem Wettbewerbs- und Bedrohungsaspekt zu bewerten. So sind sie bestens vorbereitet – entweder für die Frage aller Fragen oder für ein entsprechendes Handeln. Immer nach dem Motto „Wir haben uns darum gekümmert! Wir sind vorbereitet!“

Noch ein letzter Tipp: widerstehen Sie der Versuchung, es selbst zu probieren. Das ist external-by-nature-business.

Über Michael Nowarra – Executive Advisor und Channel Think Tank

Meine Hauptaufgabe als Channel Think Tank und Executive Advisor ist es, Executives beim Erkennen, Bewerten und Bewältigen einer von ihnen weitgehend unerkannten aber für die nächsten Jahre wahrscheinlich größten realen Herausforderung des Channel Business zu unterstützen.

Als Think Tank / Executive Advisor mache ich das, was Hersteller und ihre Executives nicht machen können oder sollten: Ich entwickle in meinem LAB innovative, teilweise disruptive Lösungen für Probleme des Channels und teste sie rigoros in der Praxis. Sollten sie sich in den unterschiedlichsten Anwendungsfällen und -szenarien bewährt und strengen Kriterien standgehalten haben, integriere ich sie in mein Alliance Bliss Channel Operating Model. Dieses Modell bildet die Grundlage meiner Beratungstätigkeit und Services.

Meine Lösungen sind einfach, kostengünstig, zuverlässig wirksam und für Jeden geeignet, basieren auf langjähriger Erfahrung, umfangreicher Channel-Expertise, einer interdisziplinären Herangehensweise, konkreten Vorstellungen von einem alternativen Channel Operating Model und langjähriger Beobachtung von Marktchancen, Marktveränderungen, Wettbewerb und den sich dramatisch veränderten Rahmenbedingungen.