Disruption im Channel Business: die perfekte Spielwiese für ganz spezielle Manager

von Michael Nowarra




Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass nicht Unternehmen und deren Ressourcen entscheidend für den Erfolg sind, sondern Führungskräfte mit ganz bestimmten Fähigkeiten?

Wenn man die Art und Weise, wie die allermeisten Software-Hersteller ihren Partnervertrieb betreiben, einmal von außen betrachtet, drängt sich einem der Eindruck auf, dass ambitionierten Führungskräften letztlich nur ein disruptives Vorgehen bleibt, wenn sie hinsichtlich Vorgehensweise und Ergebnissen wirklich Maßstäbe setzen wollen. Die Gelegenheit, die eigenen Managementfähigkeiten fast ungehindert entfalten zu können, ist perfekt. Und das gilt vor allem für kleine und mittlere Hersteller. Sie können (nur) so Ergebnisse erzielen, die allgemein für unmöglich gehalten werden.

Etwas weiter unten finden Sie ein konkretes Praxisbeispiel für Disruption im Channel und einen Vorschlag, wie ein erster Schritt in diese Richtung praktischerweise aussehen muss.




Disruption im Channel

Das Channel Business, so wie es heute überwiegend betrieben wird, zeichnet sich durch systematische Verschwendung von Ressourcen und Chancen aus. Die Ursachen liegen im Markt und in den einzelnen Organisationen.

Betrachtet man den Markt (alle Hersteller, die einen Channel betreiben) aus der richtigen Perspektive und durch die richtige Brille, erkennt man sehr schnell einige Besonderheiten, die diese systematische Verschwendung verursachen. Die offensichtlichsten sind:

  • Die Anzahl der erfahrenen, leistungsfähigen Partnerunternehmen ist annähernd konstant oder nimmt aufgrund von Fusionen sogar leicht ab.
  • Die Anzahl der Hersteller, die auf den Channel als (strategischen) Absatzweg bauen, nimmt zu.
  • Steigende Nachfrage bei konstantem Angebot führt zu einem immer intensiveren Wettbewerb um die Partner.
  • Fast alle Hersteller praktizieren ein in allen wesentlichen Aspekten identisches Channel Operating Model und (Partner-) Marketing, was letztlich zu einem permanenten Wettrüsten in einem ohnehin sehr wettbewerbsintensiven Markt führt.
  • Ursache für die Herding-Strategie: ein Gefühl der Sicherheit, wenn man sich innerhalb der „Herde“ bewegt und keine Alleingänge wagt – besonders in Zeiten von Krisen und Unsicherheit.

Betrachtet man den Partnervertrieb eines typischen Herstellers etwas genauer, wird man feststellen, dass in mehr oder weniger großem Stil gegen das wahre Wesen des Channel Business gehandelt wird. Eine kurze Beschreibung des wahren Wesens und seiner wichtigsten Prinzipien finden sie in meinem Beitrag „Warum ein CEO das Management-Prinzip für das Partnernetzwerk änderte und was er dadurch gewann“ (Absatz „Der Wahnsinn hat Methode“). Die Konsequenz: Die Wirksamkeit von vielen Maßnahmen im Partnervertrieb und Partner Marketing sinkt, sie verpuffen teilweise, Ressourcen und Chancen werden verschwendet. Hohe Effizienz nützt eben nichts bei geringer Effektivität!

Aus dem Cost Management ist bekannt, dass der eindimensionale Ansatz (kurz: „mehr von …“ oder „weniger von …“) nur sehr begrenzte Wirkung zeigt. Die besten und vor allem nachhaltigen Ergebnisse bringt der holistisch-transformatorische Ansatz.

Bei diesem Ansatz wird die Art und Weise, wie etwas betrieben wird, ganzheitlich betrachtet und in den entscheidenden Aspekten verändert. Aus „mehr von …“ oder „weniger von …“ wird „anders als bisher …“. Die Frage lautet jetzt: WIE? Hier kommt die Disruption ins Spiel.

In meiner Argumentation orientiere ich mich an Clayton M. Christensens Definition von disruptiver Innovation („What Is Disruptive Innovation?“ HBR 2015) und passe die wesentlichen Punkte an das Channel Business an:

  • Die Leistungen der Hersteller für die Partner werden immer umfangreicher, entsprechen aber immer weniger den eigentlichen Bedürfnissen der Partner (product performance trajectory vs. customer demand trajectory bei Christensen). Konkret zu beobachten ist das bspw. in den Bereichen Kommunikation (siehe Graphik „Lost in Translation“ in meinem Beitrag „Mit welchem Trick ein COO ein nerviges Dilemma löste und ein verblüffendes Ergebnis erzielte“) und Lead Generation. Viele Partner, die ich im Laufe der Jahre in meinen Projekten gewonnen bzw. betreut habe, lehnten Lead Dispatching ab, weil sie selbst vertrieblich erfolgreich waren und bessere Leads als der Hersteller generierten.
  • Systematisch mehr und vor allem anderes zu leisten, als Partner wirklich wünschen bzw. brauchen, ist systematische Verschwendung!
  • Unbediente Bedürfnisse der Partner öffnet neuen Herstellern die Tür. Sie richten ihr Angebot konsequent an den tatsächlichen Bedürfnissen aus, sind dadurch effektiver und kostengünstiger. So können sie einfach in die Partnernetzwerke der etablierten Hersteller einbrechen.

Und nun zum angekündigten Beispiel: Mein Kunde war ein ganz kleiner Hersteller (15 Mitarbeiter) einer absolut „nerdigen“ Software für die IT-Infrastruktur. Nur etwas für absolute Hardcore-ITler. Er hatte ca. 100 Wettbewerber. Die allermeisten davon waren ähnlich klein wie mein Kunde. 6 von ihnen aber waren etablierte, weltweit tätige, sehr erfolgreiche Technologie-Konzerne. Um zu skalieren hat der Gründer und Inhaber (übrigens gegen großen Widerstand seiner Investoren) entschieden, einen Partnerkanal aufzubauen. Dabei hatten wir großen Erfolg: eine Technologiekooperation mit einem der größten Software-Hersteller und einige etablierte und engagierte Partner, die unsere Lösung als „strategisch bedeutend“ für ihr Business einstuften. Das ist uns trotz äußerst begrenzter Mittel dadurch gelungen, dass wir den Partnern unsere Lösung als Schlüsseltechnologie für deren Dienstleistungsangebot positionierten, die ihnen exklusiv (!) die Realisierung eines ganz neuen, innovativen und bis dahin konkurrenzlosen Geschäftsmodels und Service-Angebots für ihre Unternehmenskunden ermöglichte.

Sind die allgemeinen Rahmenbedingungen eigentlich günstig oder weniger günstig? Dabei geht es um das Channel Business und nicht um bestimmte Technologien, Zielgruppen oder Märkte.

 

Die perfekte Spielwiese: Carte Blanche für Manager

Die Gelegenheit für Disruption im Channel ist perfekt:

  • die Mechanismen der Disruption sind bekannt,
  • die Rezepte für die Disruption sind vorhanden und praxiserprobt, und zwar für alle Aspekte des Channel Business,
  • das notwendige Know-how ist unkompliziert, schnell zu vermittelt und einfach anzuwenden,
  • Krisen und Unsicherheit bleiben auf Dauer erhalten und werden zum New Normal – diese Rahmenbedingungen bleiben also anspruchsvoll oder werden noch schwieriger und
  • vermutlich die allermeisten Wettbewerber sind durch Krisen und Unsicherheit teilweise paralysiert oder schlafen den „Schlaf der Gerechten“.

Auf der Grundlage des wahren Wesens des Channel Business und seiner Prinzipien werden die neuen Paradigmen (grundsätzliche Handlungsanweisungen bzw. Handlungsrichtlinien) festgelegt.

Manager können sich annähernd völlig frei entfalten – solange sie sich an die Paradigmen halten! Carte Blanche!

Die nachfolgende Tabelle „meiner“ Paradigmen für das Channel Business möge Ihnen als Inspiration für Ihren Paradigmenwechsel dienen:

von … zu …
Laissez-faire Ownership
Effizienz Effektivität
Herding-Strategie Differenzierung
Technologie-Dominanz Business-Dominanz
Kriterium „Wollen“ Kriterium „Können“
enge Wettbewerbsdefinition Wettbewerb ist alles
Umsatz Investitionen
Funktion Mensch
Standardisierung Individualisierung
Mittel zum Zweck Symbiose
taktisch-operativem Management (Maßnahmen, Prozesse) strategischem Management (Assets, Portfolio, Strategie, Wettbewerbsvorteile, Erfolgsfaktoren)
Ergebnis Potenzial

Für Erläuterungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Disruption funktioniert, die Gelegenheit ist perfekt. Welche spezielle Art von Managern können das ausnutzen?

Avantgarde unter den Managern

Manager, die die Disruption als Strategie wählen, weisen in der Praxis ganz bestimmte Merkmale und Fähigkeiten auf.

Zuerst einmal sind sie eigenwillig genug, ihren Überzeugungen und Instinkten zu folgen und Durchsetzungsstark genug, um sie auch umzusetzen. Sie sind ambitioniert, neugierig und begnügen sich nicht mit dem „weiter so“ oder „wie üblich“. Sie wollen hinsichtlich der Art, wie sie arbeiten und welche Ergebnisse sie damit erzielen, Maßstäbe setzen: das, was bislang für unmöglich gehalten wurde.

Vor allem aber praktizieren sie einen bestimmten Leadership-Stil!

In einer wegweisenden Veröffentlichung kam Daniel Goleman zu folgender Erkenntnis: „Being a great leader means recognizing that different circumstances  may call for different approaches“. Für unsere Zeit der Krisen und Unsicherheit ist seiner Erkenntnis nach nur einer der sechs verschiedenen Leadership-Stilen angemessen: Leadership durch konkrete Vorgabe der Richtung, in die sich eine Organisation zu entwickeln hat (im Original „authoritative leadership style, was aber zu oft mit „authoritarian“ oder authoritär verwechselt wird).

Manager, die diesen Führungsstil praktizieren,

  • haben eine konkrete Vorstellung davon, wie das Channel Business in Zukunft zu betreiben ist,
  • nehmen die Mitarbeiter mit,
  • verzichten auf Micro-Management, geben aber die Richtlinien des Handelns vor (siehe Paradigmen im vorigen Kapitel) und
  • erlangen mit ihrem Channel Business-Know-how das Vertrauen der Mitarbeiter.

Und nun die letzte Frage: Wie sollte ein erster Schritt auf dieser Reise aussehen? Aus meiner praktischen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass es eigentlich nur einen sinnvollen, weil pragmatischen ersten Schritt für einen Manager gibt: spezifisches Know-how zum (neuen) Channel Business, seiner Regeln, Dynamik und Mechanismen aufbauen und parallel ein pre-Assessment der eigenen Organisation durchführen. Ziel dieses pre-Assessments wäre es, alle bestehenden, aber verborgenen Potenziale für Wachstum, Kostensenkung und Wettbewerbsvorteile aufzudecken und die Felder, in denen systematische Verschwendung stattfindet, zu identifizieren.

Ich hoffe, ich konnte Sie etwas inspirieren. Für Fragen bitte einfach Kontakt zu mir aufnehmen. Ich antworte schnellstmöglich.

Über Michael Nowarra – Executive Advisor und Channel Think Tank

Meine Hauptaufgabe als Channel Think Tank und Executive Advisor ist es, Executives beim Erkennen, Bewerten und Bewältigen einer von ihnen weitgehend unerkannten aber für die nächsten Jahre wahrscheinlich größten realen Herausforderung des Channel Business zu unterstützen.

Als Think Tank / Executive Advisor mache ich das, was Hersteller und ihre Executives nicht machen können oder sollten: Ich entwickle in meinem LAB innovative, teilweise disruptive Lösungen für Probleme des Channels und teste sie rigoros in der Praxis. Sollten sie sich in den unterschiedlichsten Anwendungsfällen und -szenarien bewährt und strengen Kriterien standgehalten haben, integriere ich sie in mein Alliance Bliss Channel Operating Model. Dieses Modell bildet die Grundlage meiner Beratungstätigkeit und Services.

Meine Lösungen sind einfach, kostengünstig, zuverlässig wirksam und für Jeden geeignet, basieren auf langjähriger Erfahrung, umfangreicher Channel-Expertise, einer interdisziplinären Herangehensweise, konkreten Vorstellungen von einem alternativen Channel Operating Model und langjähriger Beobachtung von Marktchancen, Marktveränderungen, Wettbewerb und den sich dramatisch veränderten Rahmenbedingungen.